Über Freundschaft, Kameradschaft und Liebe

Als mich kürzlich jemand fragte, ob ich mit D. befreundet sei, überlegte ich kurz. „Ich kenne so viele Arten von Freundschaften,“ sagte ich schließlich. Nachbarschaftliche Freundschaften, kollegiale Freundschaften, Schulfreundinnen… Dann gibt es die Bekanntschaften aus der Nachbarschaft, die Sportskolleg/innen, die Schulkamerad/innen… Und es gibt die Herzensfreundschaften, die über gemeinsame Interessen, Arbeit und Nachbarschaft hinaus Bestand haben. „D. ist eine Herzensfreundin“, antwortete ich schließlich.

Ich frage mich, ob es in anderen Sprachen unterschiedliche Bezeichnungen gibt für die unterschiedlichen Arten von Beziehungen gibt, die wir mit anderen Menschen eingehen. Im Deutschen müssen wir uns begnügen mit den Begriffen Freundschaft, Bekanntschaft, Kameradschaft und Liebe. Wobei Liebe im Allgemeinen nur auf eine Partnerschaft oder auf die Verbindung zwischen Eltern und Kindern bezogen wird.

Vielleicht bräuchte es sogar für jede einzelne Beziehung eine eigene Bezeichnung, da letztendlich jede Verbindung zu einem Menschen einzigartig ist.

 

Niere, Leber und Co.

Morgens vor dem Aufstehen schenke ich meinen Organen etwas Aufmerksamkeit. Den Nieren, der Leber und Bauchspeicheldrüse, Galle und Milz, dem Magen und dem Herzen. Ich taste sie mit den Händen ab, manche fühlen sich warm oder sogar heiß an, andere kühler.

Da entstehen Farben vor meinem inneren Auge. Die Nieren brauchen Wärme, ein leuchtendes Rot erscheint. Heiße Organe benötigen ein dunkles Blau, Violett entlastet und verwandelt. Über die Handinnenflächen schicke ich die Farben zu dem jeweiligen Organ.

Die Autor/innen Ewald Kliegel und Anne Heng beschreiben in ihrem Buch „Organwesen – Die Weisheit deines Körpers“, wie wir Kontakt zu unseren Organen aufnehmen können. Die eindrücklichen Texte und Bilder vermitteln geistige Impulse und haben eine innere Beziehung zu meinen Organen und anderen Körperteilen wachsen lassen.

Die Bälle in Balance halten

Neulich musste ich an einen Jongleur denken, als ich auf meinen Kalender schaute. Er war recht voll, obwohl die täglich oder wöchentlich regelmäßig anfallenden Aufgaben wie Essen machen, aufräumen, einkaufen, waschen etc. etc. noch nicht einmal darin vermerkt sind.

Aber die regelmäßige oder manchmal auch unregelmäßige ehrenamtliche Arbeit ist aufgeführt, zum Beispiel in der schönen kleinen Bücherei in Obernkirchen, sowie Sport und Yoga, schamanische Heilarbeit, Redaktionstreffen mit der Spätlese.

Und dann die Kür: Zeit zum Schreiben, Begegnungen mit Kindern und Enkelkindern, mit Freundinnen und Freunden. Skatabende, Cafébesuche und lange Gespräche, Wanderungen…

Manchmal ist es gar nicht so einfach, all diese Bälle in Balance zu halten!

Auf zwei Arten im Garten

Gestern morgen war ich noch vor dem Frühstück und bevor ich ins Handy geschaut hatte im Garten. Ich machte meine meditative Morgengymnastik, sah nach, wie es den Kartoffelpflanzen ging und goß die Tomaten. Mal guckte die Sonne durch die Wolken, mal bezog sich der Himmel, es war still bis auf das Vogelzwitschern, und ich war ruhig und zufrieden.

Nachmittags änderte sich meine Verfassung. Einiges hatte nicht geklappt, ich hatte die Menschen nicht erreicht, mit denen ich sprechen wollte, erst drängte die Zeit, dann fühlte ich mich ausgebremst in meinem Schwung und lustlos.

Wiederum ging ich in den Garten. Ich griff eine Gartenschere und machte mich mit wilder Entschlossenheit ans Werk. Endlich entfernte ich den Zweig des Weißdorns, der schon einge ganze Weile mein Auto streifte, und befreite den Parkplatz soweit vom Gebüsch, dass ich wieder einigermaßen bequem einsteigen konnte. Und ich fühlte mich befreit von Ärger und Unlust und war wieder in Balance.

Wem nutzt es?

Es ist wie der Elefant im Raum, der nicht wahrgenommen wird: unser Konsum. (Fast) alle wissen, dass wir etwas ändern müssen, anders konsumieren und vor allem weniger konsumieren, wenn wir die Erde für unsere Kinder und Enkelkinder einigermaßen erhalten wollen.

Vielleicht wird dieser Elefant sogar wahrgenommen, aber er wird ignoriert. In einer schamanischen Reise fragte eine Freundin helfende Wesen aus der anderen Wirklichkeit, wie wir Menschen es schaffen können, unser Konsumverhalten zu ändern. Die Antwort war einfach. Bei jedem Kauf fragen, wem nutzt es? Brauche ich es wirklich, nutzt es mir? Oder nutzt es einer Firma, einem Konzern, um Profit zu machen?

Ich hatte mir von der Reise eine überraschende Lösung versprochen. Doch es bleibt dabei, wir müssen an uns arbeiten, immer wieder fragen: Wem nutzt es? Und dann entsprechend handeln.

Im Westen nichts Neues. Und im Osten?

Ich lese „Im Westen nichts Neues“, den Anti-Kriegs-Klassiker von Erich Maria Remarque aus den 20er Jahren. Er beschreibt – und verarbeitet dabei seine eigenen Erfahrungen als Soldat -, wie die erste Granate, die einschlug, ihn und seine Kameraden ins Herz traf, ihre Jugend zerstörte. Wie sie sich seitdem abgeschieden fühlten vom Leben, vom Wunsch, einen Beruf zu ergreifen, eine Familie zu gründen. Wie sie nicht mehr an ein Leben nach dem Krieg glauben konnten. Wir glauben an den Krieg, schreibt Remarque.

Und wie dann bei jedem Granateneinschlag an der Front ein Instinkt erwachte, sie ihr bisheriges Menschsein abstreiften und sie zu „Menschentieren“ wurden.

Und wie sie sich verlassen fühlten von ihren Lehrern und allen, die sie als Helden feierten, die in den Krieg zogen. Das erste Trommelfeuer zeigte uns unseren Irrtum, schreibt Remarque.

Und ich frage mich, wie es den Männern und Frauen geht, die jetzt in der Ukraine in den Krieg ziehen. Und wie sie zurückkommen werden…

Didgeridoo und Flöte

Eine Nachbarin von mir hat ein wunderschönes Didgeridoo, spielt allerdings nur selten darauf. Kürzlich fragte sie mich, ob wir einmal zusammen Musik machen wollen, sie auf dem Didgeridoo und ich auf meiner Altblockflöte. Die lag jahrelang im Regal, nur ab und zu schaute ich sie mir an, weil ich das glatte, hellbraun gemaserte Holz und die elegante Form des Instruments liebe.

Diese Flöte begleitet mich seit meiner Schulzeit gut verpackt durch verschiedenste Wohn- und Lebensräume. Jetzt endlich ist sie wieder zum Leben erweckt. Meine Nachbarin und ich setzten uns an einem der Frühlingsabende zusammen, die tiefen Töne des Didgeridoos erklangen erst zaghaft, dann bestimmter, satt und erdig. Und darüber schwangen sich glockenhell und dunkler werdend Melodien, die aus meiner Flöte hervorsprudelten. Es dämmerte, der Himmel färbte sich in einem grauen Rosa und Blau, und die Musik passte sich der Abendstimmung an.

Seitdem möchte meine Flöte jeden Morgen und jeden Abend gespielt werden, kurz nur, ein paar Töne, wenige Klangfolgen, die mit der jeweiligen Stimmung harmonieren, mal heller und mal dunkler. Einfach und schön. Einfach schön.

Auf LEBEN konzentrieren

Auf einer schamanischen Reise fragte R., was wir tun können angesichts von Krieg und Vernichtung, denn große Hilflosigkeit macht sich breit. Die Antwort war einfach und höchst komplex zugleich: auf LEBEN konzentrieren.

Ich musste daran denken, welch außergewöhnliche und vielschichtige Bedeutung LEBEN für Hyemeyohsts Storm hat, einen indianischen Medizinmann. Seine Lehrerin Estcheemah machte ihn auf seinem langen Einweihungsweg mit LEBEN vertraut. Mit der Essenz von LEBEN möchte ich es ausdrücken, um die tiefe philosophische Weltsicht in ihren einfachen Worten für uns verständlicher zu machen.

Kartoffeln, sagte Estcheemah zum Beispiel, halten uns lebendig. „Du musst eine Kartoffel wertschätzen und lernen, sie zu lieben.“ Eine banale Weisheit? Aber wie schwer ist es, in jeder Situation, zu jeder Zeit diese Weisheit zu leben. Das, was uns am Leben hält, zu achten. Gleich, ob es eine Kartoffel, ein gutes Gespräch, der Regen nach der Dürre ist.

Ich versuche, meine Aufmerksamkeit auf LEBEN zu richten. Der Himmel über dem zarten Grün der Birke vor meinem Fenster. Mein Rücken, der sich streckt nach der Arbeit am Computer, das Gefühl von Zufriedenheit, diese paar Sätze geschrieben zu haben, auch wenn sie kaum andeutungsweise den reichhaltigen Erfahrungsschatz von LEBEN wiedergeben können.

In seinem Buch „Lightningbolt“ beschreibt Hyemeyohsts Storm die Lehren von Estcheemah und seinen langen Einweihungsweg.

Lässt sich durch Reden alles klären?

Früher war ich der Ansicht, alle Unstimmigkeiten und Missverständnisse ließen sich durch ein vernünftiges Gespräch klären. Diese Vorstellung hat mittlerweile arg gelitten. Sowohl im privaten als auch im politischen Bereich spricht vieles dagegen.

Allein mit der sogenannten Vernunft kommen wir offensichtlich nicht immer weiter. Inzwischen vermute ich, dass Gespräche nur dann für alle Seiten befriedigende Lösungen bringen können, wenn auch das Herz beteiligt ist.

Aussprachen im Kreis, bei denen alle vom Herzen her sprechen. Das heißt, sich der eigenen Gefühle und Motivationen bewusst zu sein. Ein Redestab geht herum, jede/r redet oder schweigt solange er/sie braucht. Die anderen hören zu. Und wenn sie an der Reihe sind, reden sie über sich, nicht über jemand anderes. Ich bin traurig, wütend, ängstlich… Und nehme wahr, wie du dich fühlst.

Die Methode stammt von indigenen Stämmen aus Amerika. Unter dem Begriff „Council“ wird sie von Gesa und Holger Heiten im Eschwege-Institut weitergegeben. (www.eschwege-institut.de)

Anfänge, eine neue Geschichte der Menschheit

Heute muss ich von einem Buch erzählen, dass mich begeistert: Anfänge, eine neue Geschichte der Menschheit von David Graeber und David Wengrow. Ein Anthropologe und ein Archäologie widerlegen aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse die gängigen Mythen über den Ursprung der Menschheitsgeschichte. Dabei greifen die Autoren die Kommentare indigener Kritiker der europäischen Gesellschaft auf,

Mythos Nr. 1: Es gab einmal einen paradiesischen Urzustand, dann kam (aus theologischer Sicht) der Sündenfall, (aus gängiger wissenschaftlicher Sicht) die Zivilisation mit Landwirtschaft und Städtebau und das Schlechte kam in die Welt: das Patriarchat, das Militär, Bürokratie etc. (Rousseau und viele andere)

Mythos Nr. 2: Es gab gar keinen paradiesischen Urzustand, sondern der Mensch war immer schon des Menschen Wolf von Anbeginn bis in alle Ewigkeit. (Hobbes u.a.)

Mythos Nr. 3: Unsere europäische Entwicklung beruht auf den Ideen „großer Männer“, Philosophen, Staatsmänner etc.

Angefangen mit der europäischen Aufklärung legen die Autoren dar, dass viele der damals aufkommenden philosophischen Konzepte auf den Austausch mit indigenen-amerikanischen Quellen zurückzuführen sind, zum Beispiel auf den indianischen Staatsmann Kondiaronk (1649-1701). Und dass diese Konzepte/Mythen ein Versuch sind, indigene Kritik an Verhaltensweisen der Europäer, die für nordamerikanische Ureinwohner völlig unverständlich waren (Warum wetteifern die Europäer ständig gegeneinander? Warum teilen sie keine Lebensmittel? Warum sorgen sie sich nicht umeinander?) in eine für europäische Verhältnisse akzeptable Form umzumünzen. Wobei der indigene Gedanke verlorenging, dass es eine andere Gesellschaft geben kann als die bestehende.

Lest selber!

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