„Was machst du heute Abend, an Walpurgis?“ fragte eine Freundin am 30. April. „Ich möchte ein Feuer machen,“ sagte ich. Ich wartete schon eine Weile auf den passenden Zeitpunkt für ein kleines Feuerchen in meinem Garten. Als vor etlichen Jahren Maria, die Schamanin aus dem Altai, zu Besuch war, hat sie mir geraten, dort ab und zu Feuer zu machen. „Das reinigt die Atmosphäre,“ erklärte sie. Die Freundin war sofort begeistert.
Also trafen wir uns gegen Abend, aßen eine warme Suppe und gingen in den Garten, als es begann, zu dämmern. Ich hatte den Feuerkorb bereit gestellt und schon seit Wochen Birkenreiser gesammelt. J. fing sofort an, aus den biegsamen Zweigen kleine Hexenbesen für uns zu formen, mit denen wir uns den Rücken abklopften – nicht nur den Rücken, wir stellten uns vor, dass alles, was nicht mehr in unser Leben passte, weggeklopft wurde, wie Staubflusen aus einem Teppich.
Das Feuer brannte sofort hellauf, eine kerzengerade Flamme, kaum Rauch. Wir legten Reiser nach und bald schon entstand eine leuchtende Glut, hin- und herwabernd, wärmend. „Jeder Mensch braucht von Zeit zu Zeit ein Feuer,“ meinte ich, während ich den Blick nicht von der lebendigen Glut wenden konnte.
Und es gibt ja zum Glück immer wieder gute Zeiten zum Feuer machen. Vollmond, Neumond, Sommeranfang…